Grundlagen:
Kata - der Kampf gegen imaginäre Gegner
Shingi Ichinyo - die Schulung des Geistes
Grundlagen:
Karate ist eine Kampfkunst zur waffenlosen Selbstverteidigung, bei der
Arme, Beine und
der Körper trainiert werden. Sie entwickeln eine - mit Waffen
vergleichbare - Schlagkraft,
mit der ein unerwarteter Angriff abgewehrt werden kann.
Karate-do erzieht den Körper. Durch die Ausübung des Karate-do
beherrscht der Karateka
alle Bewegungen des Körpers, wie zum Beispiel Beugen, Springen,
Balancieren, vorwärts,
links oder rechts sowie nach oben oder unten zu bewegen.
Diese Techniken werden vollkommen von der Willenskraft des Karateka
kontrolliert und richten
sich präzise, direkt und mit maximaler Kraft auf das Ziel.
Das Wesentlichste aus den Karate-Techniken ist Kime. Kime bedeutet so
viel wie die
explosionsartige Ausführung einer Technik mit maximaler Kraft
in der kürzesten Zeit,
die möglich ist.
Kime wird bei Schlägen, Stössen und Tritten, aber auch bei
Abwehren eingesetzt.
Eine Technik ohne Kime ist kein richtiges Karate, auch wenn dies so
scheinen mag.
Das gilt auch für Wettkämpfe, nur dass hier der Kontakt wegen
der Verletzungsgefahr durch Regeln
verboten ist. Sun-dome bedeutet das Abstoppen einer Technik kurz vor
dem Auftreffen im Ziel
(1 Sun = ca. 3 cm).
Wenn jedoch eine Technik nicht bis zum Kime geführt wird, kann
dies nicht als richtiges Karate
bezeichnet werden.
Es stellt sich somit das Problem, den Widerspruch zwischen Kime und
Sun-dome zu überbrücken.
Die Lösung ist, das Ziel geringfügig vor die jeweiligen empfindlichen
Körperstellen des Gegners
zu verlagern.
Dieses gedachte Ziel lässt sich dann ohne Kontakt kontrolliert
und mit maximalem
Krafteinsatz "treffen".
Durch das Training werden verschiedene Körperteile in bewegliche
und wirksame Waffen umgewandelt.
Hierzu bedarf es einer guten Selbstkontrolle.
Um Sieger zu werden, muss man sich zuerst selber besiegen.
Es ist bedauerlich, wenn Karate nur als Kampftechnik geübt wird.
Die fundamentalen Techniken
des Karate sind durch lange Jahre des übens und des Lernens entwickelt
und vervollkommnet worden.
Um diese Techniken aber wirkungsvoll anwenden zu können, muss
man erkennen lernen,
dass diese Kunst der Selbstverteidigung auch eine geistige Einstellung
verlangt,
der man sich bewusst unterwerfen sollte.
So bedeutet Karate auch heute noch ein Training des Körpers und
des Geistes; dem Gegner
mit Respekt und Fairness gegenüberzutreten gehört dabei zu
den wichtigsten Voraussetzungen.
Es genügt nicht, nur mit ganzer Kraft zu kämpfen.
Gichin Funakoshi, einer der grössten Meister des Karate-do, hat
gelehrt, dass das Hinführen zu einem
erhabenen Geist und einer Haltung der Demut das eigentliche Ziel dieser
Kunst sei.
Im Sport-Karate werden Wettkämpfe abgehalten, um die Fähigkeit
einzelner Teilnehmer festzustellen.
An sich ist das zu bedauern, da die Tendenz vorherrscht, sich zuviel
auf das Gewinnen von
Wettkämpfen zu konzentrieren. Wer das tut, vernachlässigt
oft das üben der Grundtechniken und
versucht sich zu früh im Jiyu-Kumite, im freien Kampf.
Kata:
Kata sind eine Zusammenstellung der im Karate-do vorkommenden Abwehren,
Schlagtechniken,
Fauststösse und Trittechniken in logischer und fester Reihenfolge.
Gegenwärtig kennt man etwa fünfzig Kata, wovon einige von
Generation zu Generation
weitergegeben, andere jedoch erst in jüngster Zeit entwickelt
wurden.
Die Kata lassen sich in zwei grosse Gruppen einteilen. Die Kata der
ersten Gruppe dienen
hauptsächlich zur Körperentwicklung und der Kräftigung
der Muskeln. Obwohl scheinbar einfach,
erfordern diese Kata bei ihrer Ausführung volle Konzentration
und hohen Krafteinsatz.
In der zweiten Gruppe findet man vor allem Kata, die sich zur Entwicklung
schneller Reflexe eignen.
Die blitzartigen Bewegungen dieser Kata erinnern an den pfeilschnellen
Flug der Schwalbe.
Gemeinsam erfordern (und fördern) alle Kata beider Gruppen Rhythmus
und Koordination.
Bei der Kata werden sowohl Geist wie Körper trainiert. In der Ausführung
einer Kata sollte der
Karateka Selbstvertrauen und Bestimmtheit, aber auch Bescheidenheit
und Höflichkeit zeigen und
damit diszipliniert Körper und Geist zu einer Einheit vereinen.
Gichin Funakoshi sagte oft zu
seinen Schülern: "Ohne Höflichkeit
geht der Geist des Karate verloren."
Diese Höflichkeit kommt in der Verbeugung zum Ausdruck.
Am Anfang wird Musubi-dachi (Normalstellung mit geschlossenen Fersen)
eingenommen.
Dabei sind die Arme entspannt, die Hände berühren leicht
die Oberschenkel, und die Augen blicken
nach vorn.
Von der Verbeugung am Anfang der Kata geht man in die erste Stellung
(Hachinoji-dachi - Bereitstellung mit geöffneten Füssen)
über.
Bei dieser Stellung ist es wichtig,insbesondere die Schultern und Knie
locker zu halten und
entspannt zu atmen.
Die Kraft ist in Tanden, dem Körperschwerpunkt, konzentriert.
In dieser Stellung zeigt sich der Karateka auf alle möglichen
Angriffe vorbereitet und
voller Kampfgeist. Diese entspannte Wachsamkeit heisst Zanshin.
Zanshin ist auch im Karate-do ein perfekter Abschluss einer Kata von
höchster Bedeutung.
Jede Kata beginnt mit einer Abwehrtechnik, auf die eine bestimmte Anzahl
von Bewegungen
in genau festgelegter Reihenfolge ausgeführt werden.
Zwischen den Kata bestehen Unterschiede in der Schwierigkeit und der
zur Durchführung
erforderlichen Zeit.
Jede Bewegung hat ihre eigene Bedeutung und Funktion; keine Technik
ist überflüssig.
Die Ausführung folgt in einer sogenannten Bodenlinie (Embusen),
die für jede Kata eine
charakteristische Form aufweist.
Bei der Ausführung einer Kata sollte der Karateka die Vorstellung
entwickeln, von imaginären
Angreifern umringt zu sein, gegen die er dann in jeder beliebigen Richtung
Abwehr- und
Angriffstechniken anwendet.
Kata sollten ruhig und nicht überhastet ausgeführt werden.
Dies bedeutet, dass man ein
Bewusstsein für das richtige Timing einer jeden Bewegung entwickeln
muss. Ausserdem ist wichtig,
sich stets die Beziehung zwischen Kata und Kumite zu vergegenwärtigen.
Shingi Ichinyo:
Dieser Ausdruck bedeutet, dass der Geist durch das Training von Techniken
geschult werden
muss und umgekehrt die Technik durch das Training des Geistes vervollkommnet
wird.
Dies ist eine der Regeln des Karate-do und es ist wohl die wichtigste.
Der Karateka soll sich dem Training von Techniken genauso widmen wie
der Schulung des Geistes.
Aus überzeugung beginnt er mit dem Training von Techniken, aber
um zur Wahrheit vorzustossen,
müssen Technik (Gi) und Geist (Shin) zusammenwirken (Ichinyo);
denn sie sind nichts anderes als
die beiden Seiten derselben Medaille.
Die Wahrheit des Geistes muss rein sein. Sie muss sich unter anderem
ausdrücken in Aufrichtigkeit
und Bescheidenheit. Der Karateka soll zu jeder Zeit und in jedem Lebensbereich
nach diesem
Grundsatz handeln.
Dies ist einer der Wege, zur Harmonie in der menschlichen Gesellschaft
beizutragen und zum
Vorbild für die Jugend zu werden.